Geschriebene Chronik 1910

GESCHRIEBENE CHRONIK 1910

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Chronik Verkehrsverein Staad 1910

 Schon seit vielen Jahren exestiert in Staad ein Verein betitelt „Einwohnerverein Staad u. Umgebung“. Derselbe hat als Zweck öffentliche Fragen politischer, verkehrspolitischer u. allgemeiner Natur zu besprechen u. versammelt sich normaler Weise alle Vierteljahr einmal; ausserordentlich so oft als notwendig. Dieser Ver3ein bestimmte nun in der ordentlichen Versammlung vom 23.2.1910 die Schaffung einer Chronik für Staad und Umgebung.

So wird dem Chronisten als Aufgabe zu teil zu notieren, was der eherne Griffel der Zeit in die laufenden Jahre eingräbt, um es der Nachwelt zu erhalten. Möchte es mir nun gelingen dieses Bild stetsfort festzunageln u. demselben gerecht zuwerden auf dass das Andenken desselben bestehe in alle Zeiten u. weiterlebe, wenn kommende Geschlechter über unsern Gräbern wandeln.

Witterungen / Ernte / Naturerscheinungen / Abnormalitäten

Wir haben dieses Jahr einen gar sonderbaren Winter. Schon haben wir 1. März und noch ist bis anhin der See noch nie gefroren. Schlittschuhläufer und Eisbrecher sind also dieses Jahr schlecht auf die Rechnung gekommen. Auch Schnee gab es äusserst wenig u. gefrorenen Boden beinahe gar nicht. Auch der März will das Versäumte nicht nachholen. Bis zum 14. herrschte herrliches, warmes Frühlingswetter ohne Niederschläge. Die Leute arbeiten in Garten, Feld und Reben. Am 15. schlägt die Witterung um. Es wird kühl und es schneit über Berg und Tal. Doch am 17. bessert sich die Wetterlage; wieder heller, warmer Sonnenschein wie am Anfang. Am Ende des Monats wieder Regen u. Schnee. Der ganze Monat also kaum  6-7 Tage mit Niederschlag.

Der April bringt uns am Anfang rechte „Aprilputzete“. Bald schämt er sich seiner tollen Sprünge ….

Politisches und öffentliches Leben / Handel / Verkehr / Gewerbe / Statistisches

Im St. Gallerlande ist eine Volksabstimmung über ein kantonales Lehrlingsgesetz angeordnet. Dasselbe wurde mit gewaltiger Wucht 16224 Ja zu 28786 Nein verworfen. Unsere Gemeinde Thal hat folgendes Abstimmungsresultat, nämlich 181 ja zu 441 nein.

Engelbert Dudler in Altenrhein erhält ein neues sehr hübsches Motorlastschiff. Mit der Prüfungsurkunde des eidgenössischen Post- u. Eisenbahndepartementes hat er auch die Bewilligung zum gewerbsmässigen Gütertransport auf Bodensee, Untersee und Rhein erhalten.

Durch den Tod von Herrn Kaplan Wildhaber in Buchen wird die dortige Kaplaneipfründe verwaist. Die Kapellverwaltung ruft auf Sonntag, den 20.03.10 eine ausserordentliche Genossenversammlung ein. Diese beschliesst eine Renovation des Pfrundhauses von Fr. 1500.–  und die Erstellung einer Wasserversorgung. Zudem wird von der Versammlung gewünscht, dass diese dahin wirke, einen so hohen Beitrag aus der Kirchenaksse Thal zu erhalten, dass eine Doppelbesteuerung aufhört. Die Bürger wollen nicht mehr eine Kirchensteuer und zugleich eine Kapellsteuer entrichten. Zudem verlangen sie einen ordentlichen Gottesdienst in Buchen.

Lehrer Gähwiller in Buchen (Oberschule) hat auf Ende des Schuljahres 14. April 1910 seine Resignation eingegeben. Er zieht als Waisenvater an die protestantische Knabenerziehungsanstalt in Bilten Kt. Glarus.

  1. April. Die diesjährige Kollekte hat in unserer Gemeinde Fr. 241.10 ergeben.

Am 2. Mai tritt an Stelle des weggezogenen Herrn Lehrer Gähwiller an die Oberschule Buchen Herr Lehrer Rogg.

Die Blustfahrten und andere Ausflüge wurden dieses Jahr besonders hintan gehalten. Deshalb ist zu begreifen, wenn ganze Völkerscharen sich an Pfingsten, die so aussereordentlich hübsch ausfiel, in unserer Gemeinde aufmachten um Mutter Natur zu besuchen..

Montag, den 23. Mai abends fand in Bauriet eine Versammlung von Kath. Kirchgenossen von Thal statt betreffend Anträge der Kirchenverwaltung über die Erweiterung des Gottesdienstes in Buchen. Die Anträge wurden gutgeheissen.

Sonntag, den 29. Mai. Ein guter Stern waltete ob der Kirchgenossenversammlung in der Pfarrkirche von Thal. Nach Verlesung eines ausführlichen verwaltungsrätlichen Gutachtens wurde mit einer erfreulichen Einhelligkeit nach unbenutzt  gebliebener Diskussion sämtlichen fünf Anträgen der Kirchenverwaltung die Genehmigung erteilt und so in der pastoralen Entfaltung unserer Pfarrgemeinde ein bedeutender Fortschritt erzielt. Ein weiterer Ausbau wird erfolgen, sobald die von der Kapellverwaltung in Rheineck aufgeworfene Frage, der Anstellung eines zweiten Geistlichen für die Kirchgemeinde Thal zu einem gedeihlichen Abschluss gelangt sein wird. Ein gleiches gilt bezüglich des ebenfalls in Erwägung gezogenen Baus eines neuen Gotteshauses, welche Frage jedoch, durchaus nicht so leicht zu lösen sein wird und umfassenden Vorberatungen und grundsätzlichen Entscheiden rufen wird. Bei allseitig gutem Willen werden sich indes auch hier nicht unüberwindliche Schwierigkeiten in den Weg stellen, so dass in absehbarer Zeit irgendein Projekt greifbare Gestalt annehmen dürfte.

Bemerkenswert ist auch die Handels- und Verkaufstätigkeit in unserer Gemeinde. Dieselbe wiest nämlich in der Zeit vom 1. Januar bis 31. Mai 59 Handänderungen im Betrage von Fr. 632 250.–  auf. Davon betreffen:

28 einen Betrag von über 5 000.–

20 einen Betrag von über 10 000.–

9 einen Betrag von über 30 000.–

4 einen Betrag von über 40 000.–

Die Handänderungssteuern werden also einen ansehnlichen Betrag ausmachen und getreulich mithelfen unsere Steuerlast etwas leichter zu tragen.

Am 31. Mai beschlossen der Verein Schweiz. Geschäftsreisender, Kaufmännischer Verein Generalverein u. Gemeinnütziger Verein die Initiative zu ergreifen um in Rorschach ein Postcheckbureau zu errichten. Dieses sollte spez. den Bez. Rorschach und Arbon und das Rheintal bis Altstätten zu bedienen haben.

Der Hafen von Staad hatte am Sonntag ganz seltenen Besuch. Der württembergische Dampfer „Christoph“ lag auf seiner Extrafahrt im Hafen vor Anker.

Nur der statistischen Tabelle der Bundesbahnen pro 1909 entnehme ich folgendes:

Von Staad wurden befördert 93 593 Personen (15 782 mehr als 1908) 174. Rang. (1908 208. Rang) und 31 800 Tonnen Güter (11 517 Tonnen mehr al 1908). 119. Rang (1908: 170.Rang).

Die auf Sonntag, den 12. Juni angesetzte Kapellgemeindeversammlung von Buchen-Staad behufs Vornahme der Wahl eines hochw. Herrn Kaplan ging äusserst rasch vor sich. Gewählt wurde Herr Pfarrer Rutishauser von Schwende Appenzell. Der Gehalt wurde für den neuen Geistlichen auf Fr. 2000.– erhöht, dazu kommen noch ca. Fr. 120.– besondere Entschädigungen. Das Pfrundhaus ist nun aufgerüstet worden, so dass der neue Herr baldigst seinen Wirkungskreis beziehen kann.

Das Albert Rätzer-Denkmal ist fertig erstellt durch die Firma Bopp, Bildhauer Rorschach. Das Denkmal ist nahezu 4 Meter hoch und stellt einen jonischen Säulenbau dar. Oben schliesst es mit einer Bedachung aus Kupfer ab. In der Mitte des durch Säulen gebildeten Raumes erhebt sich ein Postament mit der Aschenurne. Letztere enthält die Asche des Albert Rätzer (wurde 1907 ermordet FR). Eine Anlage umgibt das Ganze. In Übereinstimmung mit dem Willen des Testators richtet sich der ganze Bau nach Norden, dem See zu. Auf dem Schriftfeld hinter der Urne sind die Worte in vergoldeter Schrift angebracht: „Hier ruht Albert Eugen Rätzer aus Bern, Stifter des eidg. Albert Rätzer-Invalidenfondes 1837 – 1907.“ Das Denkmal ist von Staad oder Wilen aus in 15 Minuten bequem zu erreichen.

  1. Juli. Auf heute veranstaltete der Schweiz. Automobilclub ein Zuverlässigkeitsfahren auf der Strecke Speck – Rheineck – Walzenhausen. Die Beteiligung war eine nicht sehr grosse.

Am 27. August verlangt ein Einsender in einem interessanten Aufsatz die Verlagerung des Dampfschiffhafens von Rorschach nach Staad.

Die Rekrutenprüfungen pro 1910 im Kreis V (Rheintal) zeigen folgendes Bild:

Diensttauglich 195 Mann = 62,7 %

Zurückgestellt 1 und 2 Jahre = 42 Mann

Untauglich = 74 Mann

Von 283 Geprüften haben 68 Rekruten in allen Fächern die Note 1 errungen.

Die diesjährige Bettagskollekte hat in unserer Gemeinde ergeben: Fr. 274.50.

Am 18. September zog Herr Ekli eine 10 Kilo schwere Forelle mit dem Netz aus dem See.

Die am 20. September stattgefundene Kath. Kirchgenossenversammlung nahm einen sehr raschen Verlauf. Die vorgelegte Jahresrechnung und der Steuerantrag wurden diskussionslos und einstimmig genehmigt.

  1. Sept. Jahrmarkt in Thal. Die Preise für Hornvieh und Gemüse hoch. Handel flau. Mangel an Geld. Betrieb in den Wirtschaften flau. Der Heurige ist zu kurz und zu teuer.
  1. Okt. Herr Lehrer Häni, langjähriger und beliebter Lehrer in Altenrhein, wird an die Oberschule Ganterschwil gewählt.

Unser Vereinsaktuar Herr Paul Egger, Blatten, wird zum Steuerkassier der pol. Gemeinde Rorschach gewählt.

  1. Okt. Die politische Rechnungsgemeinde genehmigt die Amtsrechnungen und beschliesst betr. Rorschacherbergstrasse:
  2. Dieselbe sei zu erstellen von Wilen bis Buchen.
  3. Die Verbindungsstrasse auf die Steig solle keine stärkere Steigung erhalten.
  4. Die Kosten seien nicht durch Einführung eines Perimeters zu decken.
  5. Der Rat hat die Vollmacht, die nötigen weitern Schritte für den Bau einzuleiten.
  6. Okt. Die evang. Kirchgemeindeversammlung genehmigt die vorgelegten Rechnungen.

29.Okt. Evangelische Schulgemeindeversammlung. Die Rechnungen werden genehmigt u. beschlossen, für Buchen sei eine dritte Lehrkraft anzustellen, für die ganze Gemeinde die 8. Klasse einzuführen u. die Steuer von 25 auf 30 Rp. zu erhöhen. Auch für die Dorfschaft Thal ist eine Erweiterung der Schule 3. Lehrkraft geplant.

Der 1. Dezember bringt uns eine Eidg. Volkszählung. Unsere Gemeinde wurde in14 Kreise eingeteilt und brachte folgendes Resultat:

1910            1900

Bewohnte Häuser                                                    604               584

Haushaltungen                                                         915               820

Gemeindebürger                                                    1556            1712

Kantonsbürger                                                          747               642

Schweizer Bürger                                                     898               785

Ausländer                                                                  671               400

Protestanten                                                            2276            2272

Katholiken                                                               1587            1265

Ortsanwesende Bevölkerung                              3872            3539

Bevölkerung in den einzelnen Orten:

Thal                                                                             737               737

Buechsteig                                                                369               311

Feldmoos                                                                   621               618

Bauriet                                                                        239               244

Buchberg                                                                   237               272

Buchen                                                                      475               511

Staad-Speck                                                              910               644

Altenrhein                                                                  273               217

Am 21. Dezember beschliesst der Gemeinderat zu Gunsten der trinkfesten Einwohner, die ein so gutes Sitzleder haben, dass man oft meint sie haben Pech am „Hintern“ folgende Freiabende, ohne dass dabei eine Gebühr an die Polizeikasse zu entrichten wäre: Der letzte und anderletzte Fassnachts-Sonntag, Fassnachts-Montag u. Dienstag, Ostermontag, Pfingstmontag, Bundesfeier (1. August), Kantonskilbi, das Endschiessen der Schützen, Sylvester. Thaler Kirchweih für die Rhoden Thal, Buchsteig, Feldmoos u. Bauriet. Bucher Kirchweih für Buchen und Buchberg. Altenrheiner Kirchweih für Altenrhein, Staad u. Speck.

Am Thaler Jahrmarkt ist Freinacht in der ganzen Gemeinde. Daneben soll jede Wirtschaft das Recht auf einen unentgeltlichen Freiabend haben. Anmeldungen für Freinachtbegehren sind spätestens am Tage vorher beim Polizeikassier einzureichen.

Auf Ende Dez. sind wegen Handänderungen folgende Notizen zu verzeichnen:

Zahl derselben = 50

37 gehen über die Verkaufssumme von                        Fr.       5 000.–

19 gehen über die Verkaufssumme von                        Fr.    10 000.–

5 gehen über die Verkaufssumme von                           Fr.    30 000.–

2 gehen über die Verkaufssumme von                           Fr.    40 000.–

1 beträgt                                                                               Fr.  148 350.–

Jahrestotal                                                                           Fr 1 316 438.–

Totales Jahresergebnis des Zivilstandsamtes:

Geburten                   männlich 61             weiblich  53

Todesfälle               männlich 31             weiblich  33

Trauungen  33

Anzeigen von auswärts:

Geburten                   männlich  31            weiblich  25

Todesfälle                 männlich  15            weiblich  13

Trauungen  36

Totentafel

Am 12. Februar hatte unsere Ortschaft eine seltene Trauerfeier. Galt es doch den lb. Kaplan von Buchen Herrn Wildhaber auf dem letzten Gange zu begleiten. In mächtigem Zuge brachte man den Verstorbenen von der Kapelle zum Bahnhof. Kinder, Behörden u. viel Volk begleiteten den Sarg. Am Bahnhof wurde die Leiche der Eisenbahn übergeben. Morgen findet die Beerdigung in Flums, dem Heimatorte des Verblichenen statt. Die starke Beteiligung zeigte, wie sehr der Verstorbene mit dem Volke verwachsen, geachtet u. geliebt wurde u. es ist kein schlechtes Zeichen, wenn man gerade in den Augen der Ärmsten die meisten Tränenperlen sah. Auch Andersgläubige, die ihn ebenso verehrten u. als toleranten Priester hochachteten, hört man mit Bedauern über seinen Hinschied sprechen. Er ruhe im Frieden.

Am 11. Mai starb in Staad Herr Bischof, Vater zum Löwen; ein Mann, der in früheren Jahren manch „Bürdeli“ gespitzter Werkzeug in die Brüche hinaufgetragen.

Donnerstag, den 12. Mai morgens verbreitete sich die Kunde von Hinschiede des Herrn Alt-Nationalrat Dr. Lutz zum Trüeterhof. Schwere Krankheit hatte vor längerer Zeit schon seinen Rücktritt aus dem politischen u. parlamentarischen Leben veranlasst. Mit Dr. Gebhard Lutz scheidet eine markante politische Persönlichkeit aus dem Leben, ein Mann von grosser Popularität.

Am 10. Juni starb in Thal der ehemals in Staad wohnhafte Metzger Kuhn im Alter von 77 Jahren.

Am 10. Juli starb in Staad der weithin bekannte Wirt zum „Schiff“ Herr Thomas Zuber.

Schon im August häl der Sensenmann wieder Einzug in unserer Rhode. Am 18. stirbt Herr Gebhard Bärlocher, Käser in Buchen.

Tags drauf, also am 19. stirbt Herr Schreiner Heitinger an einem Herzschlage.

Am 23. September stirbt in Altenrhein an einem Herzschlage Herr Orsverwaltungsratsweibel Joh. Bapt. Dudler, im Alter von 60 Jahren, ein pflichtgetreuer  Diener seines Amtes.

Diese und alle andern, die der kalte Tod in diesem Jahr geknickt und sie aus unserem Kreise geraubt, mögen ruhen im Frieden Gottes. Wir aber wollen ihrer in Liebe gedenken.

Spec. Tätigkeit des Einwohnervereins /  Andere Vereine

Am 23. Februar hält der Einwohnerverein seine ordentliche Jahreshauptversammlung u. beschliesst der Gemeinderat von Thal soll in einer Eingabe ersucht werden, die Gemeinderatskanzlei auch am Sonntag für eine Stunde offen zu halten, damit kleinere Bedürfnisse von den Bürgern in dieser Zeit erledigt werden können. In der folgenden Sitzung der Behörde wird das Gesuch abschlägig beschieden.

Der sich letztes Jahr neu gebildete Freischützenverein hiesiger Gemeinde bekommt nach langem Zank das Recht auf dem allgemeinen Schiessplatz der Feldschützen seine Schiessübungen zu absolvieren.

Der Sängerbund Staad führte an den letzten zwei Fassnachtsonntagen bei völlig ausverkauftem Haus das Schauspiel „Die Kerle von Savoyen“ auf.

Der kleine Kapellchor von Wilen-Wartegg löst sich auf und hält am 24.2. einen Schlussabend.

Der landwirtschaftliche Verein Thal-Rheineck versammelte sich am 22. Mai zur Besprechung des Weinbaues u. seine Zukunft in unserer Gegend. Referent war David Tobler jun. von Bischofszell. Er spricht davon, wie der Weinbau sei Jahren das Sorgenkind unserer Region geworden sei. An wenig steilen Halden rät er Spargeln und Futtergewächse zu pflanzen. Für die steileren Halden rät er unsere Reben zu veredeln. Ein Versuch mit amerikanischen Reben sollte gewagt werden. Ebenso die Anlage von Versuchsfeldern. Er verlangt staatliche Unterstützung.

Am 7. August fand in Oberriet das Rheintalische Bezirkswettschiessen statt. Freischützen Thal u. Feldschützen Staad beteiligten sich auch daran und kamen in folgenden Rang:

Feldschützen Thal  = 6. Rang

Freischützen Staad = 7. Rang

Beste Einzelresultate:

  1. Sturzenegger Staad
  2. Bischofberger Joh. Thal
  3. Krumm Staad
  4. Kübli Friedr. Staad

Sonntag, den 27.11.10 hielt der Gewerbeverein Thal seine Hauptversammlung ab im Saale zur Brauerei Staad. Von Staad sind im Ganzen drei Mann anwesend. Es kommt zur Verlesung des Berichts über die gewerbliche Fortbildungsschule. Nach Bericht des eidgenössischen Experten ist der Stand derselben ein sehr guter zu nennen. Der Verein beschloss die Abhaltung eines Buchhaltungskurses. Im Referat von Herrn Walt sehen wir so recht den Notstand der Landwirtschaft u. des Gewerbes. Er ermahnt vor allem die Handwerker die Kunden pünktlicher zu bedienen. Öffentliche Bauten sollen in arbeitsloser Zeit vorgenommen werden. Er ruft auch der Herabsetzung des Beitrags für die elektrische Kraft. Eine besondere Kommission wird bestellt zur Hebung u. Förderung von Industrie u. Gewerbe. In der Umfrage wird verlangt die Behörde solle die nötige Ware in der Gemeinde kaufen u. zwar ohne Abzug in Form v. Prozenten.

Die Viehzuchtgenossenschaft hält ebenfalls Versammlung. Da werden die Mitglieder ermuntert infolge rassenreiner Zucht den einheimischen Viehstand zu heben, wie auch die persönlichen Einnahmen dadurch bedeutend vermehrt werden können.

Unglücksfälle und Verbrechen

In der benachbarten Seebleiche ereignete sich eine böse Gasexplosion. Bei derselben wurden die Eheleute Roth schwer verwundet. Zudem ist bedeutender Materialschaden entstanden. Der entstehende Brand konnte schnell gelöscht werden.

Ein böser Neujahrsgruss wurde dem Landwirt Gubser im Brunnenacker zu teil. Es wurde nämlich in seinem bedeutenden Viehstand die Maul- und Klauenseuche konstatiert. Die umfassendsten Vorsichtsmassregeln wurden getroffen. Die Seuche konnte lokalisiert werden.

Am 26. März fiel ein älterer Mann namens Alabor in einen Steinbruch in Buchen. Er wollte den Weg abkürzen, verirrte sich aber u. fiel über eine mächtige Felswand hinunter in einen Steinbruch. Dort blieb derselbe bis zum Morgen in einem schwer verwundeten Zustande liegen. Er hat Schenkel- u. Armbrüche erlitten, den Kopf zerschlagen u. wohl auch innere Verletzungen erlitten. Halb erfroren fand man den Bedauernswerten und brachte ihn ins Krankenhaus.

Am Nachmittag des Osterheiligtages gerieten einige Italiener in Streit. Nach längerem Wortwechsel zog einer sein Messer u. wollte seinen Gegner niederstechen. Da kamen auf der Strasse nach Buchen eben drei Radfahrer daher. Sie wollten abwehren, wurden aber von dem Wütenden selbst angegriffen. Diese aber stellten sich und trieben dann den Unhold in die Flucht. Dieser sprang über Hag u. Wiese an der Glockengiesserei Egger vorbei dem Bahnhof zu. Dort flüchtete er über die hohe Felswand gegenüber dem Bahnhof hinunter auf die Strasse. Mit schwer zerschlagenem Kopfe wurde er aufgehoben und heimgebracht. Sein Messer aber hatte er im Sturze oben an der Felswand stecken lassen. Das Mitleid mit dem Messerhelden ist gering.

Montag, den 4. April entstand eine Verkehrsstörung auf der Bahn. Auf einem Stumpengeleise ist ein Rangiergüterzug über den Prellbock hinausgefahren. Der letzte Wagen des rückwärts fahrenden Zuges wurde beschädigt u. gegen das Hauptgeleise hingedrängt, so dass die Morgenzüge Verspätungen erlitten.

Montag, den 18. April erlitt Werner Matter, Wagner, einen komplizierten Unterschenkelbruch.

Samstag, den 23. April fuhr der Chauffeur von Herrn Dufour, Rheineck, bei der Kapelle Buchen über den Strassenrand hinaus u. wurde der Wagen ziemlich beschädigt.

Am 24. Mai verunglückte in Rorschach Herr Glasermeister Schnee, indem ihm bei der Arbeit an einer Hobelmaschine zwei Mittelfinger abgeschnitten wurden. Der Verunglückte ist ein Sohn von Herrn Schnee zum Bahnhof Staad.

Am 2. Juni meldet man folgendes Unglück: Herr Gustav Beerli, Sohn des Gemeinderats Beerli, ein hoffnungsvoller Mann von 25 Jahren, von Beruf Flaschner, verunglückte mit einem geladenen Gewehr, wobei sich ein Schuss entlud, der den sofortigen Tod des Verunglückten zur Folge hatte.

In der Sonntagnacht des 11. Juli kam es zwischen Staad u. Buchen zu einer Messerten. Aus einem Wortwechsel ging die Sache bald in eine Rauferei u. Stecherei über. Zwei Burschen wurden ins Krankenhaus verbracht. Die Täter sind bekannt.

Am 13. Juli wurde zwischen Staad und Rorschach ein zirka 35-jähriger Mann aus St. Gallen als Leiche aus dem See gezogen.

Am 19. Juli nachmittags fuhr ein Schiffchen mit drei jungen Männern besetzt in der Nähe des Seeufers bei Altenrhein vorbei. Plötzlich kippte das Schiffchen um und alle drei fielen ins Wasser. Konnten sich aber glücklicherweise selber retten.

Am 30. Juli früh wurde bei den Herren Wagner und Hartmann ein frecher Einbruchsdiebstahl verübt. Entwendet wurden 60.00 Franken. Beim Versuch den Kassenschrank zu öffnen trat die elektrische Klingel in Tätigkeit. Der Dieb konnte entweichen, es fehlt jede Spur.

Am 14. November nachmittags wurde in Staad bei Herrn Bischof zum Löwen in eine Dienstmädchenkammer eingebrochen und zirka 15.00 Franken gestohlen. Der Täter, ein Bayer, wurde sofort verhaftet.

Bei einer Mittwoch, den 29. November, mit Luftschiffschülern unternommenen Übungsfahrt des Drachenbootes „Gna“, wurde ein Fesselballon aufgelassen, den der Blitz in einer Wolkenschicht traf und verbrannte. Glücklicherweise riss der Fesseldraht, wodurch die Verbindung mit dem Schiff unterbrochen wurde; damit war die Gefahr für die Besatzung der „Gna“ beseitigt. Ballon und Instrumente sind verloren.

Verschiedenes

Mittwoch, den 20. April ist der Fürst und am Donnerstag die Prinzessin zu Sigmaringen-Hohenzollern zum Frühjahrsaufenthalt auf Schloss Weinburg eingetroffen.

Vom 18. auf den 19. Mai hatten wir den Durchgang des Halley’schen Kometen. Am 20. meldet die Beobachtungsstelle in Zürich folgendes: Bis zur Stunde sind bei der Meteorologischen Zentralanstalt in Zürich noch keine Meldungen eingegangen über besonders auffällige Erscheinungen während des Vorüberganges des Kometenkerns vor der Sonnescheibe. Einzig die im Erdgeschoss des eidgenössischen physikalischen Laboratoriums aufgestellten magnetischen Instrumente zeigten um die kritische Zeit des Vorganges vor und nach vier Uhr morgens deutliche Anzeichen einer magnetischen Störung. Der Durchgang ist also glücklich vorüber und die Welt steht noch. Manche haben den Kometen wohl gar nicht gesehen. Der Kerl war auch gar zu klein. Man kann also auch hier sagen: „Viel Lärm um Nichts“.

Sonntag, den 29. Mai Vormittag zwischen zehn und elf Uhr war hier ein Ballon sichtbar. Es war Ballon „Gotthard“, der in St. Gallen um neun Uhr aufgestiegen war. Er landete abends sechs Uhr in Oberstaufen bei Immenstadt. Die vom Gotthard erreichte Maximalhöhe betrug 3100 Meter.

Schluss

So sind wir nun zum Schluss gekommen. Wenn auch 1910 viele Schatten hinterlässt und man in späteren Zeiten davon redet, so ist doch zu bedenken, dass Gottes Allmacht und Güte alles leitet. Wenn auch der Menschen Selbstsucht das Erdendasein zu einem ureigenen Kampfe gestaltet, so gewährt Mutter Erde doch des Segens reichste Fülle und nährt und kleidet ihre Kinder. Voll Dank blicken wir zurück und voll Trost in die Zukunft, selbst wenn auch dunkle Wolken, Gewitter und Stürme drohen. Mit Gott also hinein ins zweite Jahr des zweiten Dezenniums des zwanzigsten Jahrhunderts. Denn noch lebt der alte Vater des starker Arm die Welten hält und der sein Volk seit grauen Tagen auf Adlerflügeln treu getragen, ihm sei die Zukunft hingestellt.

Der Chronist.

(Transkribiert von Felix RüstIm Februar 2024)

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