Geschriebene Chronik 1912

GESCHRIEBENE CHRONIK 1912

geschriebene-chronik-verkehrsverein-staad
Download Chronik...

Chronik 1912

Erst seit 1910 wird vom Einwohnerverein Staad und Umgebung über die Witterung, Ernte, Handel und Verkehr, Gewerbe, öffentl. und polit. Leben Chronik geführt und schon tritt ein Wechsel in der Führung ein.

Infolge Demission des Herrn Lehrer Strässle an der katholischen Schule Buchen-Staad und daherigen Wegzuges war der Einwohnerverein genötigt, einen anderen Chronisten zu suchen.

Herrn Lehrer J. Strässle sei an dieser Stelle gedankt für die gewissenhafte, sehr einlässliche Arbeit, die er in der Chronik gesammelt hat.

Der Nachfolger ist sich der hohen Aufgabe des übertragenen Mandates wohl bewusst und bittet um Entschuldigung, wenn die Begebenheiten und Erlebnisse im Jahre des Heils 1912 nicht so detailliert und einlässlich wiedergegeben sind, wie sie der Vorgänger in die Chronik eingetragen. Der neue Chronist wird sich bemühen, so gut in seinen Kräften liegt, ein Bild zu entwerfen, das nicht als vollkommen taxiert werden kann, aber die Vorkommnisse ziemlich genau copiert. Wenn zwei sich begegnen und wissen nichts zu erzählen, so fangen sie mit dem Wetter an. Auch wir fangen mit diesem an, obwohl es sehr viel zu erzählen gibt pro 1912.

Landwirtschaft pro 1912.

Nach den vielen Missjahren im Weinbau, ist die Landwirtschaft nicht gerade auf Rosen gebettet, namentlich bei unseren Kleinbauernbetrieben und den teuren Bodenpreisen. Auch Nahrungsmittel, Rohstoffe und Arbeitslöhne sind in die Höhe gegangen, dass eine Rendite bei unseren Verhältnissen kaum mehr denkbar ist. Wenn auch die Milch, die vom ersten Mai wieder 1 Rappen per Liter aufgeschlagen hat, einen schönen Preis hat, so stehen demgegenüber sehr hohe Nutzviehpreise und die Knappheit auf dem Geldmarkte und derjenigen steigenden Tendenz der Kapitalzinse. Gewaltiger Schaden erwächst unserer Gemeinde das Auftreten der Maul- und Klauenseuche an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten.

Im August hat die Seuche auch bei Heller Jakob am Bach und Heller Georg, Wolfsgrub zugeschlagen.

Im November: bei Heller J. Stauffacher und Dornbierer Johann beim Löwen Thal und endlich noch im Dezember bei Bärlocher Silver, Buchen und Egger J.J. Blatten.

Die Landwirte waren lange Zeit im Prüfverkehre gehemmt und die Gemeinde kam hiedurch in grosse Kosten und in Misskredit.

Heu, das in hiesiger Gegend trotz der schlechten Witterung noch ordentlich eingebracht wurde, gab es viel aber gehaltarmes und so musste zum Füttern viel Kraftfutter zugesetzt werden, das den Geldbeutel stark lockert.

In höheren Lagen gingen 1000 ztr Heu und Emd zu Grunde.

Auch die Getreideernte hatte unter der Ungunst viel zu leiden. Aber über aller Erwarten waren die Obstaussichten gute.

Die kalten Fröste im März haben den frühzeitig ausgetriebenen Knospen wenig geschadet.

Steinobst litt viel mehr als Kernobst. Kirschen gab es sehr wenig; daher Detailpreis p. Kilogramm 60-80 Rp. Äpfel und Birnen gediehen sehr gut.

Lageräpfel galten je nach Sorten 14-30 Fr. p. 100 kg.

Mostäpfel 4-4.5 Fr. und Mostobst Fr. 4-9 p. 100 kg.

Das Obst war für manchen Landwirt, trotzdem die Mostobstpreise keine hohe waren, eine schöne Einnahmequelle und es ist nicht zu bezweifeln, dass der Obstbau bei richtiger Pflege und Düngung noch rentiert. Anders gestaltet sich das Bedürfnis bei unseren Sorgenkindern, den Reben. Schlechte Blütezeit, auftreten von falschem und echtem Mehltau, trotz mehrmaliger Bespritzung und Schwefeln, trugen dazu bei, das Quantum so zu decimieren, dass die Weinernte die schlechteste war, an die sich die ältesten Leute denken konnten. Viele Weinbauern erhielten gar nichts und was noch geerntet wurde, war kein Lagrimae Christi sondern ein saurer, der in der Heimat rann.

Eine Folge dieser schlechten Weinernten sind vermehrte Ausrodungen der edlen Rebe. Die nasskalte Witterung hatte auch nachteilige Wirkungen auf den Kartoffel- und Gemüsebau.

Politisches und öffentl. Leben.

Während dem Chronikjahre 1912 hatte unsere oberste Landesbehörde, der Bundesrat, grosse Wechsel in der Besetzung erfahren, indem drei Mitglieder wegen Tod resp. Rücktritt abgegangen sind. Am 10. Juli 1912 verschied der Senior des Bundesrates Dr. Adolf Deucher gebürtig von Steckborn. Wenige Tage folgte ihm sein jüngerer Kollege Marc Ruchet im Tode nach.

Bundesrat Rob. Comptesse übernahm ein internationales Amt. Die Bundesversammlung wählte als Nachfolger: Louis Perrier von Neuenburg, Dr. E. Schulthess, Ständerat in Brugg, E. Decoppet, Staatsrat aus Lausanne.

Auch unsere St. Gallische Oberbehörde verlor ein Mitglied durch den Tod.

Regierungsrat Emil Gmür verschied nach kurzem Leiden in jugendlichem Alter in Sargans.

Unsere Gemeindebehörde hatte den Tod des Mitgliedes J.J. Egger, Gemeinderat auf Blatten zu beklagen.

Die Zivilstandsergebnisse der Gemeinde sind:

Geburten:                             50 männlich                46 weiblich                 total 96

Todesfälle:                            29 männlich                23 weiblich                 total 52

Trauungen:                          48

Überschuss der Geburten über die Todesfälle: 44.

Einwohnerzahlt der Gemeinde am 31. Dezember 1912: 3977.

Der Regierungsrat wählt zum Erziehungsrat

Herrn Dekan Steger in Rheineck

Der Erziehungsrat an dessen Stelle als Präsident des Bezirksschulrates

Herrn Diem-Rittmeyer in Thal, als Nachfolger des letzteren in den Bezirksschulrat

Herrn Lehrer Samuel Walt in Thal.

Es ist mit dieser Wahl dem Wunsche der Lehrerschaft entsprochen worden.

Am 4. Februar hatte das St. Galler Volk über die parzielle Revision der Kantonsverfassung abzustimmen bzw. Gemeindeverschmelzung. Stimmen wurden abgegeben:

27‘411 Ja und 16‘343 Nein.

Thal: 358 Ja und 219 Nein.

Am gleichen Tage hatte das Schweizer Volk über das Gesetz betr. Kranken- und Unfallversicherung zu entscheiden.

Annehmende: 286‘300 Ja

Verwerfende: 237‘939 Nein

Annehmende Mehrheit: 48‘691

Thal 372 Ja 266 Nein

Als Kurat von Altenrhein wird gewählt

Herr Kaplan Emil Bächtiger in Uznach, ein hochgebildeter Priester.

Am 10. März finden die Vorwahlen der politischen Gemeinde Thal statt. Es wird der Vertrag mit dem Realschulrat Rheineck genehmigt und auch die Rorschacher Zeitung nebst den drei andern als amtl. Publikationsorgan bestimmt.

Am 24. März werden für die Amtsdauer 1912-1915 als Regierungsräte gewählt:

Schubiger bisher mit 40‘592 Stimmen

Scherrer bisher mit 41‘234 Stimmen

Ruckstuhl bisher mit 40‘490 Stimmen

Gmür bisher mit 40‘343 Stimmen

Manser bisher mit 40‘339 Stimmen

Riegg bisher mit 40‘255 Stimmen

Mächler bisher mit 40‘102 Stimmen

Grossratswahlen vom 14. April

Zum ersten Male sind die Grossratswahlen nach dem proportionalen Verfahren bezirksweise durchzuführen. Auf dem Bezirk Unterrheintal trifft es 15 Vertreter. Davon entfallen nach Massgabe der abgegebenen Stimmen auf die

Liberale Partei:                    8 Vertreter

Kathol. Volkspartei:             5 Vertreter

Demokraten:                        2 Vertreter

Gewählt sind von Thal:

Liberale Partei:                    Gemeindammann J.A. Egger und Christof Tobler, Kauf-       mann Stauffacher

Kathol. Volkspartei:             Remig. Bärlocher Altbezirksrichter und Kaplan Rutishauser, Buchen, als Vertreter der Christl. Sozialen Richtung

Demokratische Partei:        Dr. Roth Thal

Es hat demnach die Gemeinde Thal von 15 Mandaten im Bezirk Unterrheintal 5.

Mögen sie alle in wichtigen Fragen zuerst Menschen sein und dann Politiker um in Frieden und Eintracht zusammen zu wirken und so das Wohl des Volkes zu fördern und zu heben.

Am 28. April 1912 wurden für die Amtsdauer 1912-15 mittelst der Urnen folgende Wahlen getroffen:

Gemeinderäte:                     J.A. Egger, Gemeindeammann, Thal

  1. Lutz Buchsteig

Christof Tobler, Polizeikassier

Adolf Oeler, Brauerei Staad

Heinrich Dudler, Altenrhein

Gustav Beerli, Flaschner, Thal

Jak. Egger, Blatten alle bisher

Zum Gemeindeammann:

J.A. Egger

Mitglieder der Rechnungskommission:

Samuel Walt, Lehrer Thal

Felix Tobler-Gsell, Buchberg

Emil Bärlocher, Baumeister Staad alle bisher

Vermittler:

  1. Häfliger-Rüst bisher

Stellvertreter:

Hermann Lutz, Konditor, neu

Für den wegziehenden Lehrer Strässli wählte die Schulgenossenversammlung Kathol. Buchen-Staad am 23. Juni Rob. Öhler, geb. 184x von Balgach. Zurzeit in Diepoldsau als Nachfolger.

August 25. Für den verstorbenen Regierungsrat E. Gmür wählt das St. Gallervolk mit 31‘568 Stimmen J. Baumgartner, Departementssekretär, dem das Volkswirtschaftsdepartement zugeteilt wurde.

Der 3. September bringt der Schweiz hohen Besuch. Der Deutsche Kaiser Wilhelm II. folgt mit Gefolge unseren Manövern und bleibt vier Tage zu Gaste.

Als Ersatz in den Gemeinderat für den + Gemeinderat J. Jakob Egger, Blatten, wird am 22. September für den Rest der Amtsdauer gewählt: J. Dornbierer, Steig, welcher die Armenpflegschaft zu übernehmen hat.

Die Rechnungsgemeinde vom 24. November genehmigt ohne Diskussion die Jahresrechnungen und beschliesst auf Antrag des Gemeinderates die Wasserversorgung der inneren Rhode von der Corporation zurückzukaufen mit Antritt auf 1. Juli 1913.

Gutachten und Rechnungsbericht sind zum 1. Male gedruckt den Rechnungen beigefügt, wie unser Wunsch war.

Verkehr, Handel und Gewerbe

Segelschiffhafen Staad; Verkehrsbericht pro 1912.

Ausfuhr von rohen Steinen, Sand und Kies: 8‘472‘000 kg in 121 Schiffsladungen.

Einfuhr von Holz, Sand und Kies: 3‘092‘000 kg in 54 Schiffsladungen.

Im Hafen von Staad übernachtete und schutzgefundene Schiffe 542 Stück.

Total der verkehrenden Motorsegelschiffe 717 Stück.

Es landeten auch einige Dampfschiffe im Hafen, welche Ausflügler brachten.

Am 6. Juni wurden in der Glockengiesserei J. Egger in Staad für evangel. Balgach zwei Glocken im Gewichte von 18 und 11 Zentnern gegossen. Der Guss gelang aufs Beste und ehrt den Meister.

Friede sei ihr XXX Geläute.

Juni 25. an der Schweiz. Wirteausstellung in Zürich erhält die Mosterei Staad die grosse „Goldene Medaille“ für ausgestellte vorzügliche Produkte.

Am 17. Juli findet die Collaudation des mit grossem Kostenaufwande erstellten neuen Strassenzuges Wylen-Steig-Buchen statt und es wird die Strasse dem Unternehmer P. Rossi-Zweifel in St. Gallen durch den Gemeinderat abgenommen. Möge das Opfer, das die Gemeinde Thal durch Erstellung dieser Strasse zu erbringen hat, reichlich Zinsen tragen durch vermehrten Verkehr.

Auf ihrem Ausfluge am 22. September nach Rheineck passierten die Kadetten der Kantonsschule St. Gallen auch unsere Gemeinde.

Von Rorschach kommend begann bei Buchen durch den Bützel gegen Greifenstein ein prächtiges Gefecht, das viele Zuschauer anlockte.

Wohl in Folge der Missjahre im Weinbau in der Hauptsache im Rückgange der Steinbrecherei und der damit verbundenen Fuhrhalterei ist das Gewerbe in unserer Gemeinde nicht auf Rosen gebettet.

Die Steinbrecherei, die in früheren Jahrzehnten eine schöne Einnahmequelle war, ist auf Null gesunken. Es sind im Ganzen wenig mehr als 20 Arbeiter in dieser Branche beschäftigt.

Eine Folge dessen ist, dass viele junge und ältere Leute gezwungen sind, ihr Brot auswärts zu suchen und wohl ihnen, wenn sie solches finden.

In wie weit das öffentliche und das Familienleben in unserer Gemeinde darunter leidet, ist nicht zu berechnen.

Baulust zeigt sich aus angeführten Gründen keine, denn viele Wohnungen stehen leer. Im Allg. waren Industrie und Handel flau und die Verhältnisse werden sich nicht sobald bessern, nachdem im Oktober im Europäischen Wetterwinkel ein Krieg der verbündeten Balkanstaaten Bulgarien, Serbien, Griechenland und Montenegro gegen den kranken Mann am Bosporus, der Türkei ausgebrochen, der voraussichtlich lange dauern wird.

Totentafel

Von bekannten Persönlichkeiten, die der Schnitter Tod abberufen, sind für uns von besonderem Interesse: Egger J. Jak., Gemeinderat, Blatten, welcher am 27. August an einem Herzschlage plötzlich den Seinen entrissen wurde.

In Gemeindeangelegenheiten und auf dem Gebiete der Viehzucht leistete derselbe gute Dienste.

Am 25. Dezember 1912 schloss in Altenrhein ein Herr die Augen, der nicht gerade durch grosses Hervordringen glänzte, aber durch Arbeitsamkeit und Pflichttreue sich auszeichnete.

Es ist dies Jakob Noger Wegmacher sel.

Die Nachwelt möge den Todten ein liebevolles Andenken bewahren.

Tätigkeit des Einwohnervereins und anderer Vereine.

Der Einwohnerverein hielt fünf Versammlungen ab. 1 Hauptversammlung, 2 öffentliche Versammlungen und 2 Quartalsversammlungen mit vielfältigen Traktanden.

Der freiwillige Armenverein wirkt wie gewohnt im Stillen und weiss die linke Hand nicht was die rechte tut. Allzeit offene Hände der Bevölkerung zeugt von christl. Nächstenliebe.

Der Sängerbund Staad verschaffte am 4. Februar mit der Aufführung „Flüchtig in der Heimat“ seinen Ehren-, Passiv- und Aktivmitgliedern mit Angehörigen in der „Brauerei“ hohen Genuss.

2 weitere gut besuchte Aufführungen folgten für das allg. Publikum.

Der Cäcilien-Verein Thal trat im „Ochsen“ daselbst vor die Öffentlichkeit.

Der katholische Arbeiterverein veranstaltete eine Christbaumfeier.

Die Turnvereine Staad und Thal produzierten sich ebenfalls.

Der Männerchor Thal liess am 4. und 11. Februar „Der Goldbauer“ über die Bretter gehen und zuguterletzt trat der Töchterchor Bauriet an die Rampe.

Anlässe genug für Herz und Gemüt, aber auch Anforderungen an den Geldbeutel stellen.

Am 10. März wird im „Schiff“ Bauriet ein kathol. Volksverein gegründet und zum Prädienten Herr Pfarrer Falk in Thal gewählt.

Vor zirka 110 Mann referierte Pfarrer Dr. Helg in Altstätten über „Die Bedeutung des katholischen Vereinslebens in der Gegenwart“.

Im Oktober wird in Staad ein katholischer Arbeiterinnenverein gegründet unter dem Protektorate von Herrn Kaplan Rutishauser Buchen.

Am 17. März hält im katholischen Arbeiterverein Zentralpräsident Bruggmann aus St. Georgen ein Referat über das Krankenkassenwesen.

In Rorschach beginnt am 8. Juni das Kantonalschützenfest, das ganz verregnet wird.

Freischützenverein Staad und Schützengesellschaft Thal nehmen teil.

Am 30. Juni besucht der „Sängerbund“ das Sängerfest in Widnau mit bestem Erfolg.

Die Feuerwehren Staad und Thal nehmen am 14. Juli teil am Feuerwehrtag in Oberriet teil.

August 4. Schiffahrt des Sängerbund nach Altenrhein.

Im Oktober Rendezvous der umliegenden Männerchöre in der „Brauerei“ Staad. Saal gedrängt gefüllt. Vorzügliche Vorträge und animiertes Leben.

Unglücksfälle und Verbrechen

März 3. Wegen unvorsichtigem Manipulierens mit einer Flobertpistole verletzte sich ein sechszehnjähriger Knabe des Bahnwärters Künzler in Staad an 2 Fingern. Die steckengebliebene Kugel wird von Dr. Krähenmann entfernt.

April 8. Bieger Willhelm zur Seebleiche wird von einem Rinde angefallen und mit den Hörnern übel traktiert. Der Tochter Biegers gelingt es das Tier zu vertreiben und rettet so den Vater vor dem sicheren Tod.

Eine furchtbare Katastrophe, wie sie die Schifffahrt keine aufweist, trifft das Schiff Titanic der englischen Gesellschaft „White Starlinie“ in der Nacht vom 14. auf den 15. April. Durch Zusammenstoss mit einem mächtigen Eisberge in der Höhe der amerikanischen Küste. Über 1500 Personen finden dabei den Tod im Wellengrabe.

Ein Riesenschiff, ausgestattet mit dem raffiniertesten Luxus und mit den modernsten technischen Einrichtungen, macht es die Jungfernfahrt.

Gleichgültigkeit der Führer, blinde unverantwortliche Recorde und Reklamesucht scheinen das Unglück herbeigeführt zu haben, bei dem auch etliche Schweizer das Leben verloren.

Sonntag den 1. Juni ist Herr Neumann, Hausmann aus Arbon, Vater von sechs unerzogenen Kindern, in der Höhe von Staad beim Fischen im See ertrunken. Er wurde aus dem Schiffchen geschleudert und verwickelte sich wahrscheinlich im Netze.

Am 10. Juni morgens während der Messe wurde im Pfarreihaus Wilen eingebrochen, wobei 10 Franken in die Hände des Diebes fielen.

Die Beute wäre offenbar grösser geworden, wenn der Schelm nicht von dem im Zimmer anwesenden Hündchen verscheucht worden wäre. Täter nicht ermittelt.

Ein schreckliches Bootsunglück ereignete sich im nahen Rorschach am 14. Juli, indem 13 meist junge Leute ertranken. Zwei Personen wurden gerettet.

Ein plötzlich losbrechender Sturm führte das Unglück herbei. Der Ertrunkenen waren die meisten von Rorschach und St. Gallen bedienstet. Im Verlaufe einer Woche konnten sämtl. Leichen geborgen werden. Je zwei mal zwei Schwestern sind auch unter Opfern. Für die Hinterlassenen wurden Liebesgaben gesammelt mit schönem Erfolge.

August 11. Ein schreckliches Unglück ist über den Ort Gerte in Westfalen hereingebrochen.

Durch eine Explosion in der Kohlengrube „Lothringen“ sind 650 Bergleute verschüttet worden, von denen etliche Hundert den Erstickungstod fanden.

Am 19. August werden auf der Säntisbahn von einem ungebremsten auf Station Wasserauen stehenden und Appenzell zurollenden Bahnwagen 12 Personen mehr oder weniger schwer verletzt.

Verhängnisvoll wurde der 11. September für Frau Kalberer von Ragaz, die zur Kur auf Risegg weilte. Bei der Käserei Buchen wurde sie, die Strasse durchquerend von einem Velofahrer überrannt, sodass sie vom Platze getragen werden musste.

Nach schwerem Leiden erlag sie den Verletzungen. Die Leiche wurde an ihrem Wohnorte beigesetzt. Den jungen Velofahrer soll keine Schuld treffen.

Am 15. September wurden bei Staad drei in der Nacht nach Rorschach einkehrende Arbeiter von drei jungen Burschen durch Messerstiche verletzt.

Die Täter werden ausfindig gemacht.

Beim Abladen einer grossen Steinplatte auf dem Bahnhoframpen verunglückte ein       Heinrich Tobler in der Speck, indem die Platte auf ihn fiel. Schwer verletzt musste der 48-jährige Mann, Vater von zwei Kindern sofort in das Krankenhaus Rorschach überführt werden.

In der Bleicherei Gebrüder Kopp kam ein Arbeiter August Tobler in Buchen der Transmission zu nahe, wurde von ihr erfasst und riss ihm die Kleider total vom Leibe. Arbeiter rissen den Riemen herunter und retteten so den. Familienvater vor einem grässlichen Tode.

Auf Büchi, Baumeister in Staad wurden am 26. Dezember nachts bei seinem Hause Tripolisquartier von Italienern vier Schüsse abgefeuert, die Büchi sehr schwer verletzten. Ins Krankenhaus nach Rorschach verbracht, verschied er dort am 29.

Die zwei verdächtigen Täter flüchteten sich noch in der gleichen Nacht.

Lassen wir diesen Unglücksfällen und Verbrechen, an denen das Jahr 1912 überreich ist und unsere Gemeinde auch stark in Mitleidenschaft gezogen, angenehmere folgen.

Ehrentafel

vom 1. Juli 1911 bis 30. Juni 1912.

Vermächtnisse

Von den Erben von Barth. Höhener Metzger sel. Thal an
den Realschulfonds                                                                                          Fr. 1‘500

Von Herrn Dr. Broger sel. Thal

an die Krankenanstalt Josefshaus Thal                                                         Fr. 1‘000

an das St. Gall. Lungensanatorium                                                                   Fr. 250

dem Kathol. Schulfonds Thal                                                                              Fr. 500

dem St. Gall. Blindenheim                                                                                   Fr. 200

der St. Gall. Taubstummenanstalt                                                                     Fr. 200

dem Freibettenfonds des Kantonsspitals                                                         Fr. 500

Von Jungfrau Susann Moosberger sel. in Thal

dem Diakonissenfonds Thal-Lutzenberg                                                          Fr. 500

der Kleinkinderschule Thal                                                                                  Fr. 200

dem St. Gall. Lungensanatorium Kinderabteilung                                           Fr. 200

der evangel. Gesellschaft St. Gallen                                                                 Fr. 500

dem protest. kirchlichen Hilfsverein                                                                   Fr. 500

der Basler Mission für Togo                                                                              Fr. 2000

dem Verein der Freunde Israels in Basel                                                         Fr. 400

dem evangel. Kirchenfond Sitterdorf                                                                 Fr. 100

dem evangel. Schulfond                                                                                      Fr. 100

Von Herrn Niklaus Lutz-Imhof in Höchst

an die Schule in Höchst                                                                                     Fr. 1000

an die evangel. Schule in Bregenz                                                                    Fr. 200

an den Freibettenfonds des Kantonsspital                                                       Fr. 300

dem Waisenhaus in Thal                                                                                   Fr. 1000

Von den Erben der Anna Barbara Diezi sel. Zoller

dem evangel. Schulfond Thal                                                                             Fr. 400

So drehte nun wieder ein neues Jahr seinen Lauf an. Der Allmächtige schütze und beschirme unser treues Vaterland.

Freude und Eintracht möge blühen und gedeihen. Ein einig Volk von Brüdern wollen wir bleiben, in keiner Not uns trennen und Gefahr.

Der Chronist

J.Dornbierer

(Transkribiert von Felix Rüst Im Februar 2024)

Neueste Beiträge

Archiv

2024-04-01T11:44:08+02:00
Go to Top